«Quiet Quitter» im Team – was tun als Chef*in?

Wenn ein Teammitglied plötzlich nur noch das absolute Minimum leistet, hast du es vielleicht mit Quiet Quitting zu tun. Ignorieren kannst du das nicht. Warum passiert es? Wie kannst du damit umgehen?

«Quiet Quitting ist weder volle Resignation noch volles Engagement, sondern etwas dazwischen», sagt der Tiktok-User @zkchillin in seiner Videonachricht vom Juli 2022. Und er beschreibt etwas, das sich nicht auf einen viralen Web-Trend beschränkt, sondern durchaus real ist: Die eigene Arbeitsleistung auf das Minimum herunterschrauben, weil man keinen Sinn mehr in Mehrleistung sieht. 

Quiet Quitting hat viel mit schlechtem Management zu tun

Wie konnte sich Quiet Quitting so stark verbreiten? In der Harvard Business Review schreiben Jack Zenger und Joseph Folkman:

«Unsere Daten deuten darauf hin, dass Quiet Quitting in der Regel weniger mit der Bereitschaft von Mitarbeitenden zu tun hat, härter und kreativer zu arbeiten. Sondern vielmehr mit der Fähigkeit einer Führungskraft, eine Beziehung zu den Mitarbeitenden aufzubauen, bei der diese nicht die Minuten bis zum Feierabend zählen.»

«Quiet Quitting hat in der Regel weniger mit der Bereitschaft von Mitarbeitenden zu tun, härter und kreativer zu arbeiten. Sondern vielmehr mit der Fähigkeit einer Führungskraft, eine Beziehung zu den Mitarbeitenden aufzubauen.»

Jack Zenger, Joseph Folkman Zenger/Folkman leadership development consultancy

Zenger und Folkman haben herausgefunden:

  • Die effektivsten Manager*innen in der Studie führen 62% Leistungsträger*innen und nur 3% Quiet Quitters.

  • Die ineffektivsten Manager*innen hingegen führen 20% Leistungsträger*innen und 14% Quiet Quitters – drei bis vier Mal so viel. Autsch!

Quiet Quitting verhindern, wie geht das?

Für Arbeitgeber*innen ist Quiet Quitting eine schlechte Nachricht: Nicht nur die Produktivität sinkt, auch die Unternehmenskultur leidet. Wie verhindert man das «Ausklinken» von Mitarbeitenden im eigenen Team?

  1. Wertschätzung zeigen
    Wir alle kennen Vorgesetzte, bei denen es Lob genug ist, wenn man nicht offen kritisiert wird. Im hektischen Alltag passiert es uns allen, dass wir nicht jedes Detail erkennen. Dennoch: Achte darauf, was die Menschen in einem Team leisten und zeige deine Anerkennung.

  2. Gesunde Life-Domain-Balance unterstützen
    Das kann sich zum Beispiel darin äussern, dass du dem Team viel Flexibilität zugestehst. Oder dass du E-Mails mit Aufträgen und Nachfragen auf Bürozeiten terminierst. Du zeigst damit, dass du die anderen Lebensbereiche deiner Mitarbeitenden respektierst.

  3. Selbstverwirklichung im Beruf ermöglichen
    Worin sind die Menschen in deinem Team besonders gut, was bringt sie zum Strahlen? Vielleicht kannst du Aufgaben entsprechend verteilen – wenn jemand eine ungeliebte Analyse abgeben kann an eine*n Kolleg*in, die/der nichts lieber macht, sind beide motivierter.

  4. Gegenseitiges Vertrauen aufbauen
    Das erreichst du zum Beispiel, indem du deine Zusagen und Versprechen konsequent einhältst – und offen dazu stehst, wenn es wider Erwarten nicht möglich ist. Viele Mitarbeiter*innen schätzen auch dein Fachwissen und dass du über ihre Arbeit auf dem Laufenden bist.

Wenn es schon passiert ist

Wenn du den Eindruck hast, dass jemand aus deinem Team auf Minimalbetrieb umgestellt hast, werde aktiv:

  • Suche das Gespräch und zeige Interesse an der Situation deines Gegenübers.
  • Macht beide Vorschläge, wie die Zusammenarbeit verbessert werden kann.
  • Vereinbart, was ihr verändern wollt und in welchem Zeitraum – und vergesst nicht, eure Vereinbarungen schriftlich festzuhalten. Sowohl du als auch dein*e Mitarbeiter*in erhalten ein Exemplar davon.
  • Erwartet nicht, dass ihr in einem Schritt alle Probleme löst: Bleibt im Gespräch, behaltet das bei, was gut funktioniert und versucht Neues, wo ihr nicht zufrieden seid.

Das Unternehmen muss mitziehen

Nicht alle Punkte kannst du als Führungskraft autonom umsetzen. Dennoch bist du in deiner Rolle auch Anwältin oder Anwalt deiner Mitarbeitenden, wenn es um für sie wichtige Arbeitsbedingungen geht:

  • Faire Löhne: Kannst du für dein Team einstehen, wenn ihre Leistung nachvollziehbar eine Gehaltserhöhung rechtfertigt?
  • Entwicklungs- und Karrieremöglichkeiten: Wirst du ermutigt, deine Mitarbeiter*innen nach ihren Fähigkeiten zu fördern?

Eine wichtige Aufgabe für dich als Führungsperson liegt darin, realistische Anforderungen zu stellen und für ein gutes Arbeitsklima zu sorgen. Wenn die Leistung der Mitarbeitenden geschätzt und belohnt wird, gewinnen beide Seiten.

Autor*in

Hansjörg Schmid

Hansjörg Schmid

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