So empfängst du Feedback ohne Frust

Erfahre, wie du Feedback den Schrecken nimmst und es für deine persönliche Entwicklung fruchtbar machst.

Dein Chef sagt dir am Mitarbeitergespräch: «Deine Leistung ist OK.» Dein*e Parter*in wirft dir vor: «Nie hörst du zu!». Deine Teamkolleg*innen beurteilen dich als «unnahbar» und «abgehoben». Was machen solche Feedbacks mit dir?

Kannst du souverän damit umgehen – umso besser! Findest du sie frustrierend, dann lies diesen Beitrag.

Feedback entgegennehmen ist schwieriger als Feedback geben

Wir wissen: Feedback ist gut, es bringt uns im (Berufs-)leben weiter. Wir sollten es aktiv einfordern!

Warum tun wir es so ungern? Weil wir uns vor Feedback fürchten oder glauben, damit nicht umgehen zu können. Feedback entgegenzunehmen, ist schwieriger, als Feedback zu geben! (Zu Feedback geben siehe Artikel «So kommt dein Feedback richtig an).

Unsere negative Reaktion auf Feedback kommt zustande, weil wir es häufig falsch interpretieren und uns rasch in Frage gestellt sehen. Das kann sogar bei positivem Feedback passieren: «Was, meine Leistungen sind nur OK, nicht mehr?»

Wir zeigen dir auf, wie du Feedback richtig interpretieren, besser damit umgehen und es so für deine persönliche Entwicklung nutzen kannst. Dabei stützen wir uns auf das Buch «Thanks fort he Feedback» von Douglas Stone und Sheila Heen der Harvard Law School.

Feedbacks lösen Reaktionen auf drei Ebenen aus

Feedbacks fordern uns auf drei Ebenen heraus:

  • Wahrheit: Ist das Feedback wahr oder unwahr? Fair oder unfair?
  • Beziehung: Wer gibt das Feedback und in welcher Beziehung steht diese Person zu mir?
  • Identität: Was macht das Feedback mit meinem Selbstverständnis?

Tipp 1: Betrachte das Feedback neutral. Sowohl was den Inhalt als auch die Person betrifft. Stelle dich nicht gleich in Frage.

Feedbacks haben unterschiedliche Zwecke

Stone und Heen unterscheiden drei Arten von Feedbacks:

  • Wertschätzung ausdrücken: sehen, anerkennen, danken
  • Coachen: helfen, verbessern
  • Beurteilen: einstufen, Erwartungen prüfen, entscheiden

Alle drei sind wertvoll. Leider geraten sie gerne durcheinander. Du erwartest vielleicht ein Coaching und erhältst stattdessen eine Wertschätzung. Geber*in und Nehmer*in sind dann nicht auf Linie. Das führt zu Missverständnissen.

Tipp 2: Überlege dir, woher das Feedback kommt und was es beabsichtigt. Wenn dies unklar ist, frag nach!

Beispiele von Missverständnissen bei Coaching- und Beurteilungsfeedback

Coaching-Feedback

Gesagt: «Sei selbstbewusster». Gehört: Ich muss so tun, als wüsste ich es, auch wenn ich es nicht weiss. Gemeint: Sei so souverän, zugeben zu können, dass du etwas nicht weisst.

Beurteilungsfeedback

Gesagt: «Du hast dieses Jahr Stufe 4 von 5 erreicht». Gehört: Dieses Jahr erreichte ich dieselbe Stufe wie letztes Jahr, obwohl ich mich noch mehr angestrengt habe. Anstrengung lohnt sich nicht. Gemeint: Niemand erreicht Stufe 5, nur wenige Stufe 4. Du hast es zwei Mal geschafft. Super Arbeit!

Tipp 3: Hole eine Zweitmeinung ein, wenn du findest, das Feedback sei unzutreffend. Das hilft dir, das Feedback einzuordnen und deine blinden Flecken zu entdecken.

Beziehungstrigger führen oft zu Themenwechseln

Eine heftige Reaktion löst bei dir oft einzig die Person aus, die dir das Feedback gibt. Es geht dann nicht in erster Linie um eine Sache, die dich betrifft, sondern um die Beziehung zwischen dir und der Feedbackgeberin oder dem Feedbackgeber.

Solche sogenannte Beziehungstrigger führen gerne zu Themenwechseln: Die Feedbacknehmerin, der Feedbacknehmer geht nicht auf das Gesagte ein und führt ein neues Thema in die Diskussion ein – und lenkt damit vom eigentlichen Thema ab.

Ein Beispiel:

Teamleiterin: «Du hast dein Monatsziel nicht erreicht.»

Teammitglied: «Warum sagst du mir so etwas immer, wenn ich Feierabend habe?»

Die Teamleiterin möchte über das Monatsziel sprechen, das Teammitglied signalisiert, dass die Teamleiterin oft den falschen Zeitpunkt erwischt, um solche Dinge zu besprechen.

Der Nachteil an Themenwechseln ist, dass Themen vermischt werden, der Vorteil, dass ein Thema überhaupt auf den Tisch kommt.

Tipp 4: Hast du eine Reaktion, die zu einem Themenwechsel führt, schlage vor, über beide Themen zu sprechen. Zuerst über das wichtigere.

Tipp 5: Nehme Feedback von allen Personen gleich wohlwollend und gleich kritisch entgegen, unabhängig davon, wie gut du sie magst. Jedes Feedback ist für dich wertvoll!

Probleme betreffen oft ganze Beziehungssysteme

Nicht selten tragen mehrere Personen zu einem Problem bei. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn Menschen in Betrieben Rollen haben und diese unklar definiert und abgegrenzt sind.

Tipp 6: Betrachte die Rollen und die Personen separat. Nimm nicht alle Schuld auf dich, akzeptiere aber auch nicht, dass andere Schuld von sich weisen. Übernimm die Verantwortung für deinen Beitrag zum Problem.

Emotionen können Feedbacks zu einer Herausforderung machen

Feedback kann heftige Emotionen auslösen. Diese steigern deine Reaktion auf das Feedback. Das kann dazu führen, dass du ein Feedback als Bedrohung wahrnimmst und dich in deiner Identität angegriffen oder bedroht siehst.

Tipp 7: Betrachte Feedback nüchtern und setze es in Relation. Lass dich von deiner Interpretation nicht täuschen und überlege dir, was das Feedback ist und was nicht. Dabei hilft es, dir vorzustellen, du seist ein objektiver Betrachter.

Tipp 8: Betrachte das Feedback mehr als Coaching und weniger als Wertung.

Tipp 9: Betrachte Feedbacks als Möglichkeit zu wachsen statt als Bedrohung. Dadurch wirst du empfänglicher für sie und es gelingt dir, sie für dich nutzbar zu machen.

Einige Zusatztricks für einen besseren Umgang mit Feedback

  • Finde bei einem beurteilenden Feedback heraus, ob es definitiv oder verhandelbar ist.
  • Höre gut zu und halte deine innere Stimme in Schach, die dir Dinge einredet wie «das trifft überhaupt nicht zu!» oder «das ist total unfair!».
  • Bleibe sachlich. Statt zum Beispiel zu sagen «Das ist lächerlich, ich bin nicht so», sagst du «Das erschüttert mich zu hören, weil ich mich nicht so sehe oder so sein will».
  • Läuft die Diskussion auf eine Schlacht von Argumenten hinaus, trete einen Schritt zurück und mach Vorschläge, wie die Diskussion fruchtbarer zu führen wäre.

Du brauchst nicht jedes Feedback entgegenzunehmen und zu berücksichtigen

Du hast keinerlei Verpflichtung, jedes Feedback zu jeder Zeit zu empfangen. Feedbacks können auch unangebracht oder zu einem bestimmten Zeitpunkt ungünstig sein.

Tipp 10: Bist du nicht empfänglich für ein Feedback, setzte Grenzen und kommuniziere sie. Sag, warum du jetzt nicht darüber sprechen willst und wann allenfalls ein besserer Zeitpunkt wäre.

Du bist auch nicht verpflichtet, aufgrund eines Feedbacks dein Verhalten zu ändern. Feedbacks sind letztlich Vorschläge, mit denen Feedbacknehmende machen können, was sie wollen.

Tipp 11: Wenn du aufgrund eines Feedbacks bei dir keinen Handlungsbedarf siehst, kommuniziere dies. Biete aber Hand dazu, angesprochene Probleme zu lösen und schlag Optionen vor.

Jetzt wo du weisst, wie du Feedback gewinnbringend entgegennehmen kannst, wünsche wir dir viel Erkenntnisgewinn damit!

Möchtest du mehr wissen?

Wenn du dich weiter ins Thema vertiefen möchtest, findest du viele weitere Tipps im Buch «Thanks fort he Feedback» (in englischer Sprache) von Douglas Stone und Sheila Heen.

Mach Feedback für dich nutzbar! Mit Kursen von Angestellte Schweiz.

Autor*in

Hansjörg Schmid

Hansjörg Schmid

Mitglied werden und profitieren

Werde Mitglied von Angestellte Schweiz und schliesse dich unseren 12'000 Mitgliedern an.